DAS  VOGTSBÜCHLEIN  STEINEMER  AMTS

1555 wird ein Büchlein herausgegeben, das "alle alte Ordnung des gemeldeten Markts Stein" enthält:
Das Vogtsbüchlein Steinemer Amts - 1623
 
„Das Vogtsbüchlein Steinemer Amts“ wird auf Veranlassung von Markgraf Georg-Friedrich herausgegeben und gibt den Einwohnern eine gesetzliche Richtschnur. Der wichtigste Inhalt dieses Büchleins sei hier - teilweise im Wortlaut - wiedergegeben:

Wider Gottesverachtung und Entheiligung des Sonntags

Der 1. Artikel verbietet Worte der Gottesverachtung und die Entheiligung des Sonntags. "Item alle diejenigen Manns- und Weibspersonen, die unter dem Predigen in den Wirtshäusern oder auf den Gassen erfunden werden, denen soll jedesmal 12 Pfennig abgenommen werden, oder dafür in den Turm gelegt...Item weder jung noch alt, Manns- oder Weibsperson, sollen keine leibliche Arbeit tun an den Sonntagen oder an den gebotenen Feiertagen, weder Grasmachen oder einführen vor vollbrachten göttlichen Ämtern, bei Straf von 5 Schilling Pfennig".
 

Vom Zutrinken

Artikel 2 verbietet das Zutrinken, weil daraus "Trunkenheit, Gotteslästerung, Totschlag, und sonst allerlei Laster entstehen, also daß sich Zutrinker in Gefahr ihrer Seelen, Ehre, Vernunft, Krankheiten des Leibes und anderer Übel und Unlob begeben, dadurch der allmächtige Gott schwer verunehrt würde". Den Wirten, die das Zutrinken in "ihren Herbergen" dulden, wird angedroht, daß sie "samt den Tätern im Turm mit Wasser und Brot" gestraft werden.
 

Vom Friedbrechen

Artikel 3 bedroht diejenigen, die den gebotenen Frieden "mit Trunk-, Trutz- und Schmähreden" brechen, mit einer Strafe von fünf Pfund Pfennig. Wer aber "mit gewappneter Hand, es sei mit Messern, anderen Waffen oder Würfen" den Frieden bricht, der soll 10 Pfund Pfennig bezahlen. Wer den Frieden an Eides statt gelobt hat und trotzdem jemand blutig schlägt, "der soll vom Leben zum Tode mit dem Schwert gerichtet und enthauptet werden".
 

Vom Verheiraten

Artikel 4 handelt vom Verheiraten und sagt, dass keine Ehen geschlossen werden dürfen, "anders denn mit Wissen, Willen und Beisein" der Väter, Mütter oder Pfleger. Übertretung dieses wurde mit der hohen Strafe von 30 Gulden belegt. Ehen "zur linken Hand" und Ehen zwischen Blutsverwandten zweiten bis vierten Grades waren streng verboten.
 

Von der Erbhuldigung

Artikel 5 ordnet die Erbhuldigung an und befiehlt, dass jeder seine Söhne, wenn sie dreizehn bis vierzehn Jahre alt waren, zum Amtmann bringen solle, damit sie diesem anstelle des Fürsten Huldigung täten. Es soll auch niemand unerlaubt außer Landes ziehen. Bei Zuwiderhandlung solle die Erbschaft des Betreffenden an die Herrschaft verfallen sein.
 

Von Pflegekindern

Artikel 6 legt allen Waisenpflegern die treue Pflege und Verwaltung des Vermögens ihrer Pfleglinge ans Herz. Ebenso sollen auch die Witwen "nach bestem Vermögen getreulich beschirmt" werden.

Artikel 7 handelt vom Rechnungswesen der Gemeinden.

Artikel 8 ordnet an, daß Dienstknechte, Besucher von auswärts, verdächtige Reisende usw. dem Amtmann gemeldet werden müssen.
 

Von Gebäuden

Artikel 9 gibt allerlei Bauvorschriften, zum Beispiel, dass Häuser und Scheuern mit Ziegeln gedeckt werden sollen und dass alle neuen Gebäude "wenigstens eines Knies hoch von der Erde auf unterführt und untermauert werden müßten".
 

Von Beschwerung der Güter

Artikel 10 verbietet die Aufnahme von Hypotheken sowie Verkauf oder sonstige Veränderung von Grundstücken ohne vorherige Genehmigung der Regierung.
 

Vom Kaufen und Verkaufen

Artikel 11 handelt vom Kaufen und Verkaufen und ordnet unter anderem an, dass niemand Frucht, Wein oder Ähnliches ungemessen kaufen soll. Auch soll niemand eine höhere Bürgschaft übernehmen, als er einlösen könne. Wucherpreise sind verboten.
 

Ordnung der Hochzeiten

Einen besonders bezeichnenden Blick in das bürgerliche Leben, wie es allerdings wohl nur vor dem dreißigjährigen Kriege möglich war, gibt uns Artikel 12 über die Ordnung der Hochzeiten. Es heißt da wörtlich: "Ein jeder unserer Untertanen und Angehörigen, so in seinem eigenem Hause Hochzeit zu halten willens ist, soll an Manns- und Weibspersonen, Jungfrauen und Junggesellen, es seien fremde oder heimische, nicht über fünfzig Personen zu laden und zu halten, derjenige aber, der in einem Wirtshaus Hochzeit halten will, mehr oder weiter nichts als 29, höchstens 31 Personen zu laden und zu halten, Macht und Gewalt haben, und soll auch bei solchen Hochzeiten die Anzahl vieler Trachten (Gänge) soviel möglich eingezogen und hierin kein Überfluß, wie bisher geschehen, gestattet sein. Desgleichen mehr nicht denn 3 Mahle gehalten, das 4. Mahl aber soll allerdings abgestellt und unterlassen werden, alles bei Straf von 10 Pfund Pfennig". Bei einem Mahl sollen nicht über fünf Gänge von Fleisch und Fisch gegeben werden. Hochzeitsgeschenke sollen im allgemeinen nicht über einen Taler, von Junggesellen nicht über einen halben Taler und von "Jungtöchtern" nicht über 6 Batzen betragen.
 

Von dem Spiel

Artikel 13 sagt: "Alle Spiele sollen fürohin allen unsern Untertanen in und außerhalb der Markgrafschaft verboten sein. Doch mag man im Brett oder auf der Karten um Kurzweil willen um 1 Pfennig unverboten und nicht höher spielen.
 

Von Wirten und Weinen

Artikel 14 verbietet, dem Wein irgendwelche Zusätze zuzufügen. Einen jeden Wein soll man "so bleiben lassen, wie er an ihm selbst gewachsen ist".

"Die Wirte sollen diejenigen, so die Straßen brauchen und anderen ihren Gästen, fremden und einheimischen, guten Rat und Handlungen tun, um einen ziemlichen Pfennig, wie gewöhnlich und landläufig ist".

Ferner sollen die Wirte das Ongeld (Ohmgeld = Weinsteuer) richtig abführen und nach der 9. Stunde keinen Wein mehr ausschenken, "bei Peen von 10 Schilling Pfennig".

 

Vom Nacheilen, Retten und Geschrei machen

Artikel 15 handelt "Vom Nacheilen, Retten und Geschrei zu machen und die Straßen zu bessern" und sagt unter anderem: "Bei schwerer Straf Leibes und Gutes soll Jeder, der hört stürmen, eilends zulaufen und mit nacheilen, retten und Geschrei zu machen, wo und wie sich das in Städten, Dörfern oder auf dem Lande begibt, gehorsam sein". Verdächtige Personen sollen festgenommen und dem Amtmann übergeben werden.
 

Von Wiedertäufern

Artikel 16 wendet sich gegen Wiedertäufer und gebietet unter anderem, daß man von ihnen "nichts lehre, predige oder lese, heimlich noch öffentlich". Ihre Versammlungen sind verboten. Wer "des Wiedertaufs verdächtig" ist, muß an allen Sonn- und Feiertagen pflichtgemäß in die Kirche gehen und den Gottesdienst bis zum Ende beiwohnen. Einem Wiedertäufer "fahrende oder liegende" Güter abzukaufen, war nicht gestattet, "bei Verlierung derselben erkauften Güter und anderer Straf nach Gelegenheit der Sach".
 

Vom Supplizieren

Artikel 17 bekämpft die Unsitte, "unschlachte und liederliche Sachen" durch Bittschriften dem Fürsten und seinen Räten vorzulegen. Berechtigte Gesuche sollen den Dienstweg (über den Amtmann) einhalten und richtig verbeschieden werden.
 

Vom Erwerb des Bürgerrechts

Artikel 18 regelt "die Annehmung fremder Leut zu Bürgern". Im Unterschied zu den Bestimmungen von 1555 muß ein Fremder nunmehr 50 Gulden an Wert mitbringen, wenn er Bürger werden will. Das Bürgerrecht ist also inzwischen um 20 Gulden teurer geworden.

Es folgen noch einige allgemeine Artikel, die sich mit Wald- und Wildfrevel, mit dem Kriegsdienst markgräflicher Untertanen bei fremden Herrschaften, mit Duldung fremder Weibspersonen, mit Zigeunern und anderen Problemen befassen.